Donnerstag, 28. Mai 2020

[Rezension] "Der Poet" von Michael Connelly

Inhalt:
Als sich der Bruder des Journalisten Jack McEvoy das Leben nimmt kann er es zunächst nicht glauben. Doch Sean war Detectiv und ein brutaler Mordfall ließ ihn nicht los... Offenbar litt er an Depressionen. Jack beschließt, eine Story über ihn und andere Polizistenselbstmorde zu schreiben. Weniger für seinen Job, sondern vielmehr um selbst besser damit klarzukommen. Doch in seinen Recherchen stößt Jack auf Ungereimtheiten - hat sein Bruder Sean sich wirklich selbst umgebracht?

Erste Sätze:
"Tod ist mein Ressort. Ich lebe von ihm. Ich schmiede meinen beruflichen Ruhm mit seiner Hilfe. Ich behandele ihn mit der Leidenschaft und Präzision eines Bestattungsunternehmers - ernst und voller Mitgefühl, wenn ich mit den Hinterbliebenen spreche, wie ein erfahrener Handwerker, wenn ich allein bin."

Cover/Aufmachung:
Finde das Cover jetzt nicht so schön... Wirklich kein Eyecatcherr und mit dem Inhalt hat das auch nicht viel zu tun... Einfach doof.

Meine Meinung:
Von Anfang an zog mich der Schreibstil des Autors in seinen Bann. Ich mochte vor allem auch, dass ein Krimi aus der Sicht eines Reporters erzählt wird. Etwas irritierend ist bei "alten" Büchern immer, warum die nicht einfach ihr Handy zücken. Dinge googeln. Da muss sich der "moderne" Leser ganz schön bremsen...

Die Story ist wirklich hervorragend - und auch die Umsetzung. Das war mein erstes Buch dieses Autors und wird sicher nicht das letzte bleiben! Allein wie er den Hauptprotagonisten und Ich-Erzähler Jack vorgestellt hat: Ein Nutznießer des Todes. Noch keine 30 Jahre alt und dennoch Herr über sein eigenes Resort der Zeitung. Keine Ehefrau oder Kinder.
Der Autor versteht es außerdem gut, mit seinen Lesern und deren Erwartungen zu spielen. Wir Leser entdecken zwar gemeinsam mit Jack einige Geheimnisse und Wahrheiten, ABER außerdem erfahren wir etwas von IHM. Einem pädophilen Mann auf der Jagd nach Kinderfotos. Ekelhafter Typ der sich für unfassbar schlau hält und in einem Netzwerk von seinesgleichen seine fotografischen Dienste anbietet. Außerdem profitiert er von dem System aus Pädos, die ihre eigenen Anwälte dort empfehlen. Ich wurde zunächst nicht richtig schlau aus ihm, fand die Exkurse jedoch stets sehr spannend.

Die Protagonisten, allen voran natürlich der Ich-Erzähler, waren großartig gezeichnet und beschrieben. Mochte ich Jack? Irgendwie schon, auch wenn er einem das manchmal nicht so richtig leicht gemacht hat... Man ist eben als Journalist wirklich ein Profiteur von Verbrechen - und er mit seiner Sparte insbesondere. Dennoch fand ich sein Handeln stets moralisch vertretbar. Natürlich wollte er auch die Story, doch die hätte er viel reißerischer schon früher haben können. Er wollte mehr. Er wollte die Wahrheit.
FBI-Agentin Rachel Walling war auch sehr interessant. Sie ist stark - nicht nur physisch (trotz ihrer geringen Körpergröße), auch mental. Doch auch dieser Charakter hatte weit mehr zu bieten, als ein Klischee.
Insgesamt ein wirklich gelungener Thriller. Spannung, gute Charaktere, Überraschungen und ein gut ausgearbeiteter Plot. Außerdem schätze ich es immer sehr, wenn von der üblichen "Die-Polizei-ermittelt"-Handlung abgewichen wird und Dritte eigentlich die Ermittlungsarbeit leisten.

Fazit:
Ganz großartig! Spannend von Anfang bis zum Ende. Ein paar coole Wendungen und ein sympathischer Hauptprotagonist mit eigenen Ambitionen. 

Infos zum Buch:  
Verlag: Heyne - Verlagsgruppe Randomhouse GmbH
Taschenbuch: 555 Seiten
Genre: Thriller  
Erschienen: 1998
ISBN: 978-3-453-43178-2

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